Um die Mitte Ostfrieslands besser an das Verkehrswegenetz anzuschließen gründeten die drei Landkreise Aurich, Leer und Wittmund ein eigenes Unternehmen: die „Kreisbahn Wittmund – Aurich – Leer G.m.b.H.“. Der Bau ging schnell voran und zwischen Wittmund und Aurich wurde seit dem 5. September 1899 fahrplanmäßig gefahren. Der Abschnitt Aurich – Großefehn ging am 6. Mai 1900 in Betrieb, die Strecke von Großefehn nach Leer – und damit der Gesamtbetrieb – folgte noch am 1. Oktober des Jahres. Während die angedachte Zweigstrecke von Hesel nach Remels doch nicht verwirklicht wurde, entstand 1909 von Ogenbargen aus eine weitere Strecke über Esens nach Bensersiel, wo Anschluss die Fähre nach Langeoog bestand.
Nach dem Ersten Weltkrieg verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Kreisbahn zusehens, bis es schließlich zum Konkurs den Unternehmens kam. Der gesamte Betrieb wurde von der 1931 neu gegründeten Kleinbahn Leer-Aurich-Wittmund GmbH übernommen.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich die Bahn in einer schlechten Lage und so wurde bereits im Jahr 1950 die Strecke Wittmund – Ogenbargen komplett stillgelegt. 1953 folgte der Personenverkehr von Aurich nach Esens und 1956 der zwischen Aurich und Leer. Nur zwischen Esens und Bensersiel fuhren nun noch Personenzüge, die vor allem Urlauber vom und zum Fähranleger beförderten, bis auch damit im April 1967 Schluss war. Ende 1969 wurde dann auch der restliche Güterverkehr und damit der Gesamtbetrieb auf der Schiene eingestellt. Heute heißt das Unternehmen Kreisbahn Aurich GmbH und betreibt diverse Buslinien.
In den 1990er Jahre kam die Strecke Esens-Bensersiel dann wieder ins Gespräch, da eine Weiterführung der normalspurigen Bahnstrecke von Esens nach Bensersiel sowohl vom Verband „Pro Bahn“ als auch von einem Gutachten eines Auricher Planungsbüros als sehr vorteilhaft für den Gesamtverkehr ab Sande gesehen wurde. Auch für Urlauber mit dem Ziel Langeoog wäre die Anreise per Zug wesentlich attraktiver geworden, da das Umsteigen auf den Bus entfallen können.
Die Stationen: Leer Kleinb, Loga, Logabirum, Brinkum, Holtland, Hesel, Stikelkamp, Bagband, Strackholt, Spetzerfehn, Großefehn, Aurich-Oldendorf, Wrisse, Holtrop, Schirum, Popens, Aurich Haltep, Aurich Kreisb, Sandhorst, Plaggenburg, Middels Westerloog, Ogenbargen, Middels Osterloog, Wittmundhaven, Ardorf, Willen, Wittmund Haltep, Wittmund
und (ab Ogenbargen:) Brill, Dunum, Folstenhausen, Esens Haltep, Esens Kleinb, Bensersiel.

Anschlüsse bestehen
- in Leer an die Hannoversche Westbahn und die Oldenburgische Ost-West-Bahn,
- in Abelitz an die Strecke Abelitz-Aurich,
- in Esens und in Wittmund an die Ostfriesische Küstenbahn.
Alle Angaben der Streckenkilometer nach dem „Stationsverzeichnis der Eisenbahnen Europas (früher Dr. Koch’s Stationsverzeichnis“, Ausgabe 1929.

LEER (km 0,0)

Links im Bild – neben dem Bahnhofsgebäude – war der Bahnsteig der Kleinbahn eingerichtet, heute befinden sich dort Parkplätze.

Kurz vor dem Leeraner Bahnhof: An der Großen Roßbergstraße sind einige normalspurige Wagen auf Rollböcken zu sehen, während gegenüber – an der Kleinen Roßbergstraße – einige Waggons der noch jungen Bundesbahn abgestellt sind.

Ein Hektometerstein der Kleinbahn in Loga, noch an Ort und Stelle. Heute verläuft daneben allerdings keine Bahnstrecke mehr, sondern der Ostfriesland-Wanderweg.
LOGA (km 2,6)
LOGABIRUM (km 5,2)

BRINKUM (km 8,4)

Brinkum musste mit einem aufgeschütteten Bahnsteig und ohne Nebengleise auskommen. Gastwirt Otto Juister betrieb von 1912 bis 1913 den Gasthof in Brinkum und damit auch die Agentur der Kleinbahn. Trotz dieses nur kurzen Gastspiels ließ Juister diese werbewirksame Ansichtskarte herausgeben.
HOLTLAND (km 9,9)

Zur Abnahme der Strecke Aurich-Leer am 25. September 1900 war der Leeraner Fotograf und Ansichtskartenverleger Carl Müller in Holtland zur Stelle. Den Zug beförderte Lok 5 BROKMERLAND, die mit dem ostfriesischen Wappen an der Rauchkammertür und viel Grün geschmückt worden war.
HESEL FABRIK
Kurz vor Hesel befand sich links der Landstraße eine Hefe- und Spiritusfabrik, die über ein Anschlussgleis verfügte. Außerdem befand sich hier ein Haltepunkt.
HESEL (km 13,1)
STIKELKAMP (km 16,2)

Der Bahnhof Stikelkamp entstand auf persönliches Betreiben des Gutsbesitzers Lantzius-Beninga, der zwar den Baugrund für die Kleinbahn kostenlos zur Verfügung stellte bzw. zugekaufte Flächen bezahlte, dafür aber die Strecke nahe an seinem Besitz entlanggeführt haben wollte. Auch das im Vergleich recht große Bahnhofsgebäude wurde von Lantzius-Beninga errichtet. Die abgebildete Ansichtskarte wurde von Bahnhofswirt (und damit auch Bahnagenten) Gustav Witzig vertrieben, wie auf der Vorderseite zu lesen ist, der 1918 Nachfolger von Johann Bartels geworden war und die Bahnhofswirtschaft bis 1970 betrieb.
BAGBAND (km 19,2)
STRACKHOLT (km 21,3)

Strackholt musste zunächst ohne Halt auskommen, vermutlich schien den Planern der Abstand zwischen Bagband und Spetzerfehn zu gering für eine weitere Bahnstation, außerdem verlief die Strecke recht weit vom Dorf entfernt. Bereits im Jahre 1900 wurde aber doch eine Haltestelle am Alten Postweg eingerichtet, deren Fahrgast- und Güteraufkommen sich bald überraschend gut entwickelte.
SPETZERFEHN (km 23,2)

Zur Überquerung des Spetzerfehnkanals wurde eine einfache Drehbrücke errichtet, die natürlich einen Brückenwärter benötigte. So bot es sich an, gleich neben dem Kanal eine Haltestelle anzusiedeln, die von Gastwirt Loet Schoon als Agent betrieben wurde (und der mit dieser Ansichtskarte Werbung für seine Wirtschaft machte).
Links geht es nach Leer, rechts nach Aurich. Der Sandweg rechts des Kanals ist die heutige Straße Im Untenende Nord.
GROßEFEHN (km 25,7)

Auch wenn der Bahnhof „Großefehn“ hieß: Er befand sich in Ostgroßefehn. Das Bahnhofsgebäude wurde direkt am Großefehnkanal errichtet, der hier mit einer Drehbrücke überquert wurde. 1930 wurde aus dem Bahnhof eine Haltestelle, die der Bahnhofswirt als Agent betrieb.
Das große Empfangsgebäude existiert noch und die Fläche davor heißt nach wie vor Bahnhofsplatz.
AURICH-OLDENDORF (km 27,1)

In Aurich-Oldendorf wurde Haltestelle vor dem Gasthof Friesenberg angelegt.
WRISSE (km 28,4)
HOLTROP (km 30,4)


Der Verleger dieser Ansichtskarte fand den Ort selbst wohl nicht so interessant, dafür hat der Fotograf den Bahnhof gleich zweimal aus ähnlicher Prespektive abgelichtet.
SCHIRUM (km 32,8)
POPENS (km 35,1)

Ein Hektometerstein der Kleinbahn in Aurich, nach wie vor „in situ“ neben der Strecke.

Ein weiterer Hektometerstein der Kleinbahn, diesmal in Zweitverwendung in einem Garten unmittelbar neben der ehemaligen Bahnstrecke.
AURICH Haltep (km 37,1)
Auch Aurich-Ostertor genannt. Der Haltepunkt befand sich an der Fockenbollwerkstraße, der Straßenname „Am Ostbahnhof“ erinnert noch an ihn.
AURICH Kreisb (km 40,1)


In Aurich leistete sich die Kleinbahn ein wirklich repräsentatives Empfangsgebäude. Die Station befand sich direkt neben dem Bahnhof der Staatsbahn (links außerhalb des Bildes), so dass man hier leicht wechseln konnte.


Für längere Aufenthalte oder die Erholung nach einer anstrengenden Reise verfügte auch der Bahnhof der Kleinbahn über eine angemessene Bahnhofsgaststätte.
SANDHORST (km 42,3)

Für die Bewohner von Sandhorst wurde eine Haltestelle am östlichen Ortsrand eingerichtet, heute erinnert noch der Bahnweg daran. Die Agentur befand sich knapp hundert Meter entfernt im Sandhorster Krug, der heute noch vorhanden ist.
Als besondere Sehenswürdigkeit Sandhorsts wird auf dieser Karte unten links die Stelle gezeigt, an der sich Feldmarschall Gerhard Leberecht Blücher mit seiner zweiten Frau Amalie von Colomb verlobt haben soll (unten links).

PLAGGENBURG (km 46,8)

Im August des Jahre 1919 versammelte sich diese gemischte Gesellschaft für ein Foto an der Haltestelle Plaggenburg. – Was mag wohl eine „Allgemeine Radfahrer-Station“ gewesen sein, auf die das kleine Schild rechts neben der Tür hinweist?

Die Strecke der Kleinbahn zeichnet sich als dünne weiße Linie mit langen Geraden ab, darüber in einer weit geschwungenen Doppelkurve die damalige Reichsstraße 210 (heutige Bundesstraße) mit den Häusern der Ortschaft. Links unten kommt den Bahn von Aurich, rechts geht es weiter nach Ogenbargen. Der Haltepunkt („Hp.“) befindet sich etwa in der Bildmitte.
MIDDELS WESTERLOOG (km 52,0)
OGENBARGEN (km 53,3)

In Ogenbargen verzweigte die Strecke: Ursprünglich ging es von hier aus nur weiter nach Osten bis Wittmund, eine spätere (aber langlebigere) Ergänzung war die Strecke über Esens nach Bensersiel (siehe unten ab Brill).
MIDDELS OSTERLOOG (km 55,3)
WITTMUNDHAFEN (km 57,4)
ARDORF (km 59,4)

Auch der „Bahnhof Ardorf“ (so die Bildunterschrift auf dieser Ansichtskarte) bestand nur aus einer Haltestelle mit Agentur. Die ebenfalls abgebildete Ziegelei besaß rund 500 m Richtung Wittmund einen eigenen Gleisanschluss.
WILLEN (km 63,1)
WITTMUND Haltep (km 66,0)

Da sich der Wittmunder Bahnhof an der gegenüberliegenden Seite der Stadt befand, richtete die Kleinbahn westlich der Stadt an der Auricher Straße eine Haltestelle ein.
WITTMUND (km 67,6)


Die östliche Endstation der Kleinbahn (links) befand sich direkt neben dem Staatsbahnhof (rechts). So war in Wittmund ein leichter Übergang von der und zur Ostfriesischen Küstenbahn möglich, um zum Beispiel nach Norden oder Richtung Sande und Wilhelmshaven zu gelangen.


Die Wittmunder Bahnhöfe aus der Luft, aufgenommen wohl 1967 oder 1968. Zu diesem Zeitpunkt war der Betrieb der Kleinbahn bereits eingestellt und die früheren Gleisanlagen überbaut, aber dieser Bildausschnitt gibt einen schönen Überblick.
BRILL (km 4,0)

Von Ogenbargen kommend (die Kilometer in diesem Abschnitt sind ab dort gezählt) war Brill die erste Station an der Strecke nach Bensersiel.
Die auf dieser Ansichtskarte abgebildete, einretuschierte Lokomotive passt allerdings nicht: Es handelt es sich um eine normalspurige Maschine, die hier völlig fehl am Platze ist, und sie wirkt etwas zu klein geraten.
DUNUM (km 6,2)
ESENS Haltep (km 10,8)

Um einen einfacheren Übergang zwischen der Kleinbahn und der Staatsbahn zu ermöglichen (die Entfernung zwischen den beiden Bahnhöfen betrug rund 800 m), wurde von der LAW nahe dem Esenser Staatsbahnhof ein Haltepunkt eingerichtet. Dieser befand sich direkt neben dem Bahnhofshotel (mit seiner hellen Fassade auch im Luftbild gut zu erkennen) und der Hotelier warb auf seinen Ansichtskarten sogar damit – obwohl man natürlich auch woanders als an seinem Hotel in die Kleinbahn steigen konnte, um nach Langeoog zu gelangen.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt bildet hier Lok 4 HARLINGERLAND (mit kriegsbedingter Verdunkelung des Spitzensignals) den Hintergrund für ein Gruppenfoto.

Dieses Luftbild von 1966 gibt einen guten Überblick über den Esenser Staatsbahnhof (Bildmitte) mit der quer durchs Bild verlaufen Küstenbahn. Oben rechts kommt die Kleinbahn aus Richtung Ogenbargen ins Bild, die unten links zum Kleinbahnhof Esens und weiter nach Bensersiel verläuft.
ESENS (km 11,6)
BENSERSIEL (km 16,4)

© Thomas Feldmann, Emden (Ostfriesland)
letzte Änderung 27.08.2024 (erstellt 30.07.2006)